Linux auf dem Desktop: Ein Selbstversuch unter Realbedingungen (Teil 1)

Vor Kurzem traf ich einen sehr kompetenten IT-Kollegen. Ein Mensch mit beeindruckendem Fachwissen, klaren Positionen – und einer differenzierten Haltung zu Linux. Obwohl er selbst als Linux-nah gilt und seit Jahren mit dem System auf Servern arbeitet, vertritt er eine weitverbreitete Meinung: „Linux ist super – aber nicht auf dem Desktop. Damit kann man nicht produktiv arbeiten.“
Vor Kurzem traf ich einen sehr kompetenten IT-Kollegen. Ein Mensch mit beeindruckendem Fachwissen, klaren Positionen – und einer differenzierten Haltung zu Linux. Obwohl er selbst als Linux-nah gilt und seit Jahren mit dem System auf Servern arbeitet, vertritt er eine weitverbreitete Meinung: „Linux ist super – aber nicht auf dem Desktop. Damit kann man nicht produktiv arbeiten.“
Diese Aussage hat mich nicht provoziert – aber doch neugierig gemacht. Denn sie steht in einem gewissen Widerspruch zu meiner Überzeugung: Open Source und digitale Souveränität sind nicht nur auf der Server-Seite wichtig. Sie gehören auch auf den Schreibtisch.
Linux auf dem Desktop – wirklich nur Nische?
Die Zahlen geben meinem Gesprächspartner auf den ersten Blick recht: Der Marktanteil von Linux auf Desktops liegt laut StatCounter im Mai 2025 bei knapp 4,0 % weltweit, in Deutschland immerhin bei etwa 5,5 %. Windows dominiert weiterhin mit über 68 %, macOS liegt stabil bei rund 18 %.
Doch: Diese Zahlen spiegeln nicht die Qualität oder Nutzbarkeit, sondern nur die Verbreitung wider. Und sie lassen eine wichtige Frage offen: Ist Linux tatsächlich ungeeignet für den produktiven Desktop-Einsatz im Jahr 2025? Oder ist es nur schlicht die Bequemlichkeit (wie bei WhatsApp) – die Motivation und der Wille, neue Pfade zu beschreiten?
Mein Setup – die Ausgangslage
Ich trete den Praxistest an: Für mindestens 30 Tage arbeite ich ausschließlich unter Linux – und dokumentiere meine Erfahrungen.
Hardware:
- Dell Latitude 9410, Baujahr ca. 2020
- Intel 8-Core-CPU (vPro tauglich)
- 16 GB RAM
- 512 GB SSD
- Touch-Display, Convertible mit Stift-Support
Betriebssystem:
- openSUSE Tumbleweed (Rolling Release mit täglicher Aktualisierung)
- KDE-Plasma-Desktop (wahlweise GNOME als Ausweichoption)

Die Installation verlief vollkommen reibungslos. Touchscreen, Touchpad, WLAN, Bluetooth, Webcam, Sound – alles wurde out of the box erkannt. Selbst das Suspend-to-RAM und das Touchdisplay funktionierten direkt. Das war vor Jahren noch ganz anders.
Phase 1: Die Grundausstattung für den Büroalltag
Derzeit befinde ich mich in der Initialphase: Welche Anwendungen brauche ich für meinen beruflichen Alltag?
Dazu zählen:
- E-Mail und Kalender (Outlook-Ersatz)
- Office-Paket (Textverarbeitung, Tabellen, Präsentation)
- PDF-Bearbeitung(?)
- Messenger und Videokonferenzen - das wird spannend
- Datei- und Cloud-Synchronisation - Proton-Drive? Google Drive? One-Drive?
- eventuell VPN und Remote-Zugriff
In den nächsten Artikeln werde ich diese Werkzeuge vorstellen, Alternativen zu proprietärer Software testen – und ehrlich berichten, was funktioniert (und was nicht).
Ausblick: Die Linux-Desktop-Roadmap (3+ Artikel)
🔹 Artikel 2: Der Werkzeugkasten
- LibreOffice vs. OnlyOffice vs. Microsoft 365 im Browser
- Thunderbird mit Kalender und Exchange-Anbindung
- Nextcloud & WebDAV für Cloud und Sync
- VPN via openVPN und Wireguard
- Integration von Microsoft Teams & Zoom unter Linux
🔹 Artikel 3: Produktivität & Usability
- GNOME vs. KDE – welche Oberfläche passt besser?
- Touch & Stift im Linux-Alltag: Ein Erfahrungsbericht
- Akkulaufzeit, Energiemanagement & Sleep/Wake-Verhalten
- Schnelligkeit und Stabilität bei Rolling Releases
🔹 Artikel 4: Fazit nach 30 Tagen
- Was hat gut funktioniert – und was nicht?
- Welche Workarounds waren notwendig?
- Ist Linux eine valide Alternative zum Windows- oder macOS-Desktop?
- Persönliches Fazit: Bleibe ich dabei?
Fazit (Teil 1):
Der Weg zum souveränen Arbeitsplatz führt nicht zwangsläufig über Microsoft, Apple und Google - schliesst diese aber auch nicht aus. Ich bin bereit, für mindestens 30 Tage kombinierte Wege zu gehen – mit Linux auf dem Desktop. Nicht aus Trotz, sondern aus Überzeugung. Und mit dem Anspruch, digit