Linux-Kernel verabschiedet sich vom i486: 18 Jahre Nachhaltigkeit

Linux-Kernel verabschiedet sich vom i486: 18 Jahre  Nachhaltigkeit

Der Linux-Kernel soll die Unterstützung für Intel-486-Prozessoren (i486) einstellen, obwohl die letzte 486-CPU bereits 2007 gefertigt wurde. Damit endet eine ungewöhnlich lange Support-Ära: Linux pflegte diese über 30 Jahre alte Architektur noch lange nach deren Produktionsende. Linus Torvalds bemerkte auf der Kernel-Mailingliste, es gebe „zero real reason, for anybody to waste one second of development effort“ darauf zu verwenden. Kurz darauf legte Ingo Molnar einen Patch vor, der die Hardware-Mindestvoraussetzungen anhebt (Time-Stamp-Counter und CMPXCHG8B/„CX8“ werden Pflicht) und damit i486- sowie frühe Pentium-CPUs aus dem Kernel ausschließt.

Mein erster 486er. 50 MHz pure ungezügelte Rechenpower.

Die i486-Familie wurde 1989 eingeführt (erster x86-Chip mit integrierter FPU und großem Cache) und war Intels leistungsstärkstes Produkt bis 1993. Intel stellte die Fertigung erst 2007 ein, und noch heute lässt sich mit aktuellen Linux-Distributionen auf diese Klassiker-Hardware booten. Zum Vergleich: Bereits 2012 entfernte Linux den Support für i386/386er-Kerne, während Microsoft die 486-Unterstützung schon 2001 (sic!) mit Windows XP einstellte. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie viel länger Linux Althardware unterstützt – Linux-Nutzer können ihre Geräte deutlich länger nutzen als bei vielen proprietären Systemen.

Technische Vorteile

Das Entfernen des i486-Supports bringt handfeste technische Vorteile: Der Kernel-Code wird schlanker und übersichtlicher. Ingo Molnar nennt rund 14.000 Zeilen Legacy-Code in etwa 80 Dateien, die dann entfallen würden. Alte Komponenten wie die math-emu-FPU-Emulation und diverse CPU-Quirks verschwinden. Kernel-Entwickler sprechen dabei vom Abbau von „Kompatibilitätskleber“ für über drei Jahrzehnte alte CPUs. Die Folge: weniger komplexe Builds und geringerer Wartungsaufwand, da unzählige Sonderfälle wegfallen. Gleichzeitig kann der Kernel sich stärker auf moderne CPU-Funktionen konzentrieren. Durch die neuen Anforderungen (TSC und CMPXCHG8B) entspricht die Mindest-Hardware schon dem Intel-Pentium-Standard. Dies verbessert etwa die Zeitmessung und 64-Bit-Atomics auf Multicore-Systemen. Insgesamt läuft der Code dann für aktuelle CPUs etwas effizienter, weil alle Fallback-Pfade für fehlende Instruktionen wegfallen – ein Netto-Gewinn für Leistung und Wartbarkeit.

Nachhaltigkeit und Ausblick

Der i486-Rückzug unterstreicht die Nachhaltigkeit des Linux-Ökosystems. Linux ist bekannt dafür, alternde Hardware immer wieder neues Leben einzuhauchen: „Linux has long been noted for adding life to aging hardware“. Gemeinnützige Projekte wie FreeGeek demonstrieren, wie mit Linux alte Rechner umgerüstet statt entsorgt werden. Durch den langen Support können Anwender Hardware viel länger nutzen als bei üblichen Betriebssystemen. OSTechNix weist darauf hin, dass Windows schon 2001 den 486-Support einstellte, Linux aber noch zwei Jahrzehnte länger pflegte – ein deutlicher Nachhaltigkeitsvorsprung.

Gleichzeitig schafft die Code-Bereinigung Kapazitäten für Zukunftstechnologien: Cloud- und KI-Anwendungen setzen auf moderne, leistungsfähige CPUs. Im Endeffekt verlangt der Kernel nun eine Ausstattung, die in heutiger Server- und Desktop-Hardware Standard ist. Die entscheidende Neuerung (TSC und CX8) ist bei jedem Pentium-Nachfolger eingebaut und verbessert zum Beispiel Multicore-Synchronisation und Zeitstempelgenauigkeit. Wer dennoch einen echten 486- oder frühen Pentium-Rechner weiter betreiben will, dem stehen ältere LTS-Kernel oder Emulatoren offen. Praktisch „leidet niemand“, weil diese Maschinen heute nur noch von wenigen Bastlern genutzt werden.

Insgesamt zeigt dieses Beispiel, dass Linux Hardware durch Jahrzehnte hinweg nutzbar macht. Erst nach 18 Jahren seit Produktionsstopp (2007–2025) wird der 486 endgültig aussortiert. Der Verzicht auf veralteten Code verbessert den Kernel, ohne die Nachhaltigkeit zu untergraben. Ältere PCs können ohnehin weiterlaufen, und der moderne Kernel gewinnt an Effizienz für neue Anwendungen. Dieser Schritt untermauert die langfristige Philosophie von Linux: Hardware wird intensiv genutzt, und nur das wirklich Überholte wird schließlich entfernt.

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