Der Rebell, der Plattformer und der Söldner – Digitale Souveränität zwischen drei Archetypen

Der Rebell, der Plattformer und der Söldner – Digitale Souveränität zwischen drei Archetypen
Eine Podiumsdiskussion mit meinen drei verschiedenen Alter Egos ...

Vor ein paar Tagen hatte ich nach einer Veranstaltung eine spannende Diskussion mit einem Kollegen. Es ging wie so oft um Technologie und damit zwangsläufig um Hersteller. Diese Debatte reiht sich nahtlos in viele Ähnliche ein, die ich in den letzten Monaten und Jahren geführt habe. Diese wurden von mal zu mal intensiver und emotionaler geführt. Zeit also, einmal zu reflektieren:

Wo stehe ich? Wofür stehe ich? Welche Werte vertrete ich?

Wenn man „liberal“ nicht nur im wirtschaftlichen Sinn versteht (also Deregulierung/Marktfreiheit), sondern auch im gesellschaftlichen Sinn, sprich Selbstbestimmung, Dezentralisierung und Bürgerrechte, dann liegt mein Ansatz zu digitaler Souveränität ganz genau in eben diesem liberalen Spektrum:

  • Freiheit statt Zwang: Wahlmöglichkeiten statt erdrückender Monopole.
  • Selbstbestimmung: Technische Unabhängigkeit und Kontrolle über eigene Daten.
  • Offene Märkte: Open Source als Gegengewicht zu proprietären Lock-ins, gleichzeitig Förderung vom lokalen Mittelstand, Hostern und Dienstleistern.
  • Bürgerrechte: Datenschutz, Transparenz und föderale Strukturen. Auch und gerade in IT-Architekturen.

Das ist eine sehr klassisch-liberale Haltung, aber in einem zeitgenössischen soziologisch-technologischen Kontext gedacht. Es hat weniger von „Staatsregulierung“ aber um so mehr von „Rahmenbedingungen schaffen, damit Markt und Bürger freie Entscheidungen treffen können“.

Diese Diskussion hat mich auch inspiriert, die Positionen, denen ich in den letzten Jahren begegnet bin, einmal augenzwinkernd wie folgt zu kategorisieren:

  • Der Rebell
  • Der Plattformer
  • Der Söldner

Jede dieser Rollen hat ihre eigene Logik, Stärken und Schwächen.

Meine persönliche Entwicklung

Ein persönlicher Gedanke zum Schluss:
Wenn ich auf meinen eigenen Weg zurückblicke, erkenne ich, dass ich alle drei Archetypen selber schon gelebt habe – und dass jede Phase wertvoll war.

Zu Beginn meiner Karriere war ich stark im „Plattformer“-Mindset verankert: Microsoft war für mich der logische Standard und hat mir tiefe Einblicke in Technologie und Marktmechanismen gegeben. Ich war der klassische Fanboy.

Später habe ich eher „söldnerhaft“ gearbeitet: kunden- und projektgetrieben, pragmatisch, ohne jedwede eigene Agenda. Auch diese Phase hat mich geprägt, weil ich gelernt habe, unterschiedliche Sichtweisen anzunehmen und den Markt zu lesen.

Heute nehme ich eine „rebellischere“ Haltung ein: Ich setze mich bewusst für digitale Souveränität, offene Standards, Wahlfreiheit sowie gegen Monopolstellungen ein. Auch innerhalb eines Umfelds, das überwiegend markt- und kundenorientiert arbeitet. Am Ende haben wir eben nicht nur eine Verantwortung in der IT Kosten zu sparen und die beste Lösung zu platzieren/zu wählen, wie ich bereits hier in meinem Artikel über ethische IT dargelegt habe.

Für mich schließen sich diese drei Rollen nicht aus, sondern bauen aufeinander auf. Sie geben mir heute den Vorteil, sowohl den Markt zu verstehen als auch neue, alternative Wege aufzuzeigen. Dies jedoch immer mit Respekt gegenüber Kunden, Partnern und Kollegen.

Jedoch - dies oben war mein Weg zu meiner ganz persönliche Erkenntnis. Und wenn ich nun eine junge Kollegin oder ein Ex-Kollege von Microsoft entrüstet anspricht und mich fragt wie ich denn speziell ich solche Standpunkte nun vertreten kann zitiere ich gerne den großen Konrad Adenauer - aber komplett:

Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, nichts hindert mich, weiser zu werden.

Fazit

Alle drei Positionen haben ihre Berechtigung – und ich würde mir wünschen, dass wir in der Branche öfter echte Diskurse führen um Brücken zu bauen, statt absolute Wahrheiten auszutauschen. Gefühlt tun das aktuell nur 20 %. Der Rest ruft zu schnell „alternativlos“. Das scheint aber gerade leider übergreifender Zeitgeist zu sein.


Mein persönlicher Code

Ich stehe für:

Digitale Eigenverantwortung + offene Standards + dezentrale Services + Bürgerrechte = Liberalismus 2025

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