Digitale Souveränität im Keller – warum ich mein eigenes Rechenzentrum baue

Einleitung
Digitale Souveränität ist ein großes Wort. Politiker reden darüber, Konzerne schreiben es sich ins Marketing – und am Ende arbeiten wir alle trotzdem mit Teams, WhatsApp und TikTok.
Die Realität ist: Wir haben unsere digitale Freiheit längst verkauft.
An Convenience. An kostenlose Apps. An zentrale Plattformen, die uns so lange umschmeicheln, bis wir abhängig genug sind, dass wir nicht mehr aussteigen können. Und davon habe ich genug.
- Meta kontrolliert mit Facebook, Instagram und WhatsApp inzwischen weite Teile der privaten Kommunikation – von Familienchats bis zu politischen Diskussionen.
- TikTok dominiert die Jugendkultur und entscheidet per Algorithmus, was gesehen und was unsichtbar bleibt.
- Microsoft hat sich nicht nur mit Windows zum Standard gemacht, sondern mit Office 365 und Teams das Geschäftsleben in seine Cloud gezwungen. Wer keine Lizenz zahlt, bleibt außen vor.
- LinkedIn, auch Microsoft, ist heute schon absolut unumgänglich für Business-Kommunikation. Kaum jemand käme auf die Idee, ohne LinkedIn-Konto Karriere zu machen.
Alle diese Dienste sind zentralisiert. Das bedeutet:
- Die Kontrolle liegt bei einem Konzern – nicht bei den Anwendern.
- Die Daten liegen in fremden Rechenzentren – nicht in unseren Händen.
- Die Regeln (Algorithmen, Preismodelle, Zugriffsbeschränkungen) ändern sich jederzeit, ohne unser Mitspracherecht und ohne jedwede Transparenz. Bei X/Twitter ist dies nur offensichtlicher als bei Anderen.
Die Konsequenz: Wer die Plattform kontrolliert, kontrolliert die Menschen, die Diskussionen, den Diskurs. Und genau darin liegt die eigentliche Gefahr.
Warum das Ganze?
Für mich bedeutet Freiheit in der IT nichts anderes als Freiheit und Kontrolle über die eigenen Daten. Und diese Freiheit ist nur erreichbar, wenn wir auf dezentrale, aber föderierte Dienste setzen.
Denn:
- Zentralisierte Plattformen geben uns keine Wahl – sie sind Monokulturen.
- Föderierte Systeme geben uns Wahlfreiheit: Jeder kann seinen eigenen Dienst betreiben, und trotzdem bleibt man vernetzt.
- Dezentralität verhindert Monopole – und damit Machtkonzentration in den Händen weniger Konzerne.
Schauen wir genauer hin:
- Bei Meta entscheidet der Konzern, wer welche Reichweite bekommt, welche Inhalte gelöscht werden und wie unsere Daten für Werbeprofile missbraucht werden.
- Bei Microsoft hängen Unternehmen von Lizenzmodellen ab, die jedes Jahr teurer werden. Windows und Office sind längst keine Produkte mehr, sondern Mietverträge – mit einseitigen Kündigungsklauseln. Hier ist Microsoft der Bruder im Geiste von Broadcom/VMware.
- LinkedIn ist zum Gatekeeper der beruflichen Kommunikation geworden. Ohne Microsoft-Account bleibt man unsichtbar – eine Monopolstellung, die kaum jemand offen anspricht. Fragt bitte Menschen denen ohne offensichtichen grund der Linkedin-Account gesperrt wurde.
- TikTok ist ein Paradebeispiel dafür, wie kulturelle Abhängigkeit entsteht: Algorithmen formen Meinungen, Trends und sogar politische Stimmungen.
Das alles ist bequem – aber brandgefährlich.
Denn wenn wir einmal vollständig abhängig sind, ist es zu spät. Dann wird digitale Souveränität zu einem nostalgischen Traum an alte Zeiten.
Mein Ziel
Um diesem Trend etwas entgegenzusetzen, starte ich das Projekt: ein heimatliches Rechenzentrum, aufgebaut aus frei verfügbarer Hardware und Open-Source-Software. Schritt für Schritt dokumentiere ich den Weg – mit allen Erfolgen und allen Flüchen.
Es geht mir nicht darum, das perfekte Setup zu präsentieren. Es geht darum zu zeigen: Es ist machbar. Im Kleinen. Daheim oder beim RZ-Betreiber Deines Vertrauens - hier in Deutschland - hier in Europa. Ohne PaaS, ohne SaaS, ohne IaaS oder sonstige XaaSe.
Jeder kann ein Stück digitale Unabhängigkeit zurückerobern – und damit ein Zeichen setzen. Und wenn man die heimtlichen Kapazitäten sprengt, stehen United Cloud, Sohnix, Infomaniak, Ionos etc. gerne bereit, euch zu unterstützen.
Mein Projekt
Darum baue ich mein eigenes kleines Rechenzentrum.
Im Keller. Mit Hardware, die jeder kaufen kann. Mit Software, die frei verfügbar ist. Unter Verzicht auf "die Großen".
Ich setze auf:
Teil 1 – DSL, Hybrid-Router und NAT: Mein persönlicher Drahtseilakt
- DSL-„Breitband“ in Deutschland: das Leiden zwischen Kupfer, LTE und Marketingversprechen.
- Hybrid-Router der Telekom: Fluch und Segen – und das Double-NAT-Desaster.
- NAT-Ketten, Portfreigaben und das Gefühl, in einer russischen Matrjoschka zu leben.
- Lösung: DrayTek-Modem + Ubiquiti DreamWall – endlich wieder Herr im eigenen Netz.
- Lehre: Kontrolle über den Gateway zurückerobern ist der erste Schritt zur Souveränität.
Teil 2 – Das Fundament: Proxmox, ZFS und OpenMediaVault
- Hardware-Setup: Minisforum NAS 5 Pro, HDDs + NVMe, Stromverbrauch und Lärm.
- Proxmox als Homeoffice-Herzstück: Virtualisierung ohne Hyperscaler.
- ZFS richtig aufsetzen: RAIDZ, Caching (SLOG, L2ARC), Snapshots.
- OpenMediaVault in einer VM: saubere GUI für SMB/NFS-Shares.
- Lehre: Redundanz beginnt bei den Bits – und sie gehört in die eigenen Hände.
Teil 3 – Nextcloud: Die Cloud, die wirklich mir gehört
- Installation unter Proxmox.
- Anbindung an ZFS-Datasets.
- User-Management, Kalender, Kontakte, Office (Collabora/OnlyOffice).
- Mobile Clients und Integration.
- Lehre: Cloud kann auch im Wohnzimmer stehen.
Teil 4 – Matrix & Föderation: Die Messenger-Revolution im Eigenheim
- Matrix-Server aufsetzen.
- Bridges zu Teams, WhatsApp, Signal.
- Föderation und der Traum vom universellen Messenger.
- Lehre: Unabhängigkeit ist unbequem – aber befreiend.
Teil 5 – Mastodon & Fediverse: Tweets ohne Elon
- Eigenes Mastodon-Setup.
- Verbindung mit dem Fediverse.
- Community-Building ohne Konzern.
Teil 6 – Castopod & Peertube: Podcasting und Video ohne YouTube
- Podcast-Hosting selbstgemacht.
- Videoplattformen föderieren.
- Reichweite vs. Selbstbestimmung.
Teil 7 – Reflexion & Ausblick
- Kosten, Aufwand, Spaßfaktor.
- Grenzen der Souveränität (Strom, DNS, IPs).
- Appell: Nicht jammern, selber machen.
Es ist kein Hobby. Zumindest nicht nur. Es ist ein Statement.
Es geht nicht darum, alles perfekt selbst zu machen – sondern darum, zu zeigen, dass es geht. Dass wir die Wahl haben. Dass wir nicht alles Meta, Microsoft oder TikTok überlassen müssen.
Aufruf
Die ist ein Aufruf - nennen wir es auch ein Manifest – aber es ist auch in erster Linie eine Einladung. Schaut es euch an. Folgt den Artikeln und lernt mit mir, stolpert mit mir und steht wieder auf! Macht mit. Ob ihr klassische Benutzer seid, IT-Spezialisten, Rechenzentrumsbetreiber in Europa! Teilt dies. Digitale Souveränität beginnt nicht in Brüssel oder Berlin. Sie beginnt bei uns selbst.
Denn am Ende ist die wichtigste Botschaft:
Digitale Freiheit ist kein Luxus – sie ist ein Recht. Und wir können sie uns zurückholen.
Und wenn ihr das selber nicht könnt - fragt. Lasst uns das gemeinsam machen.
Dies ist Teil 0 meiner Serie über digitale Souveränität im Homeoffice. In den kommenden Kapiteln nehme ich euch mit – von der DSL-Matrjoschka bis hin zum föderierten Podcast-Imperium.