Microsofts leiser Doppelsieg: Warum OpenAI, Cursor & Windsurf am Ende Redmonds Spielzug bleiben – und was das für digitale Souveränität heißt

Langfristige Unabhängigkeit entscheidet sich bei der Wahl des Dev-Tools

Alle reden über OpenAI. Doch wer zieht im Hintergrund die Fäden – und kassiert dabei gleich mehrfach? Spoiler: Microsoft. Aber es gibt Alternativen, die das Spiel neu mischen. JetBrains mit seiner AI Assistant‑Integration ist eine davon – und für digitale Souveränität genau zur richtigen Zeit am Start.


1. Microsofts Multi‑Layer‑Dominanz

Profit‑Share: Microsoft beansprucht bis zu 49 % der Gewinne aus OpenAI – eine „capped-profit“-Struktur, die dafür sorgt, dass jeder Dollar, den ChatGPT oder Co. einspielt, auch Microsoft zugutekommt.

Wie genau sieht das nun aus? Die finanzielle Partnerschaft zwischen Microsoft und OpenAI ist ein sehr komplexes Konstrukt, das weit über eine herkömmliche Risikokapitalinvestition hinausgeht. Microsoft hat insgesamt 13 Milliarden US-Dollar in OpenAI investiert. Das klingt unheimlich viel, aber bei einem ausgewiesenen Bilanzgewinn von 88 Milliarden in 2024 ist das Investment überschaubar. Die Vereinbarung jedoch berechtigt Microsoft zu einer 49-prozentigen Gewinnbeteiligung an der OpenAI Global, LLC, die auf das 10-fache der ursprünglichen Investition gedeckelt ist.Dieser besondere Mechanismus schafft eine starke Anreizstruktur: Bis Microsoft seine 13 Milliarden US-Dollar an Investitionskapital vollständig zurückerhalten hat, fließen 75 % der Gewinne an das Unternehmen. Anschließend erhält Microsoft 50 % der Gewinne, bis der Gesamtgewinn 92 Milliarden US-Dollar erreicht. Danach fällt die Kontrolle und die zukünftigen Gewinne vollständig an die Non-Profit-Muttergesellschaft von OpenAI zurück. Nichtsdestotrotz hat Microsoft hier sehr geschickt seine Position für ein "kleines" Invest von knapp 25% eines Jahresergebnisses für die nächste Dekade gesichert.

Compute & API: Seit Januar 2025 ist festgezurrt, dass die OpenAI-API exklusiv auf Azure läuft – Microsofts Cloud monetarisiert damit jeden einzelnen API-Call (direkt oder indirekt via Azure OpenAI Service). Damit ist man im wahrsten Sinne des Wortes ein Gatekeeper. Gleichzeitig darf OpenAI seine Rechenkapazitäten zusätzlich auch bei anderen Anbietern beziehen; die API-Exklusivität bleibt davon unberührt. Ergebnis: Mehr Flexibilität für OpenAI, gleichzeitig aber kein Verlust des Microsoft-Tollgates an der Einnahmenquelle.

Funfact: OpenAI ist seit etwa einem Jahr der weltweit grösste singuläre Abnehmer von Azure Diensten.


2. Die IDE-Front: VS Code als Sprungbrett – Cursor & Windsurf als „AI-native“ Aufbauten

VS Code ist das meistgenutzte Entwicklerwerkzeug der Welt und wird von Microsoft entwickelt. 2024 nutzten es laut Stack Overflow Survey rund 74 % der Befragten – eine Marktbasis, die kaum ein anderer Softwaretyp erreicht. Zudem ist VS Code „built on open source“, die Microsoft-Builds enthalten aber proprietäre Bestandteile.

Darauf setzen die AI-Editoren der Stunde:

  • Cursor (Anysphere): Ein Fork von VS Code mit tief integrierten KI-Funktionen. OpenAI war früh als Investor dabei, später folgte ein massiver Kapital-Sprung: $900 M bei $9,9 Mrd. Bewertung (Juni 2025).
  • Windsurf (ehem. Codeium): Ebenfalls VS-Code-Abstammung; das Team sagte selbst ironisch „yet another VS Code fork“. Im Frühjahr 2025 wurde ein OpenAI-Deal über rund $3 Mrd. gemeldet – der allerdings nicht final wurde: Die Exklusivität lief aus, Google lizenzierte Technologie, und Business-Insider berichtete später von einem Kurswechsel samt neuem Letter of Intent mit Cognition. Quintessenz: strategische Relevanz bleibt, die Eigentumsfrage ungeklärt bzw. im Fluss.

Selbst wenn Windsurf nicht im OpenAI-Konzern landet: Das Muster bleibt gleich. Beide Produkte stehen auf Microsofts Fundament (VS Code) und hängen im Alltag wiederum an Modell- und API-Ökosystemen, die Microsoft über Azure monetarisiert.

Was genau haben denn nun diese Tools mit OpenAI zu tun? Nun, sie sind die kaum verborgene Platzierung von CoPilot in der Entwickler-Community.

  • Inline-Code-Vervollständigung: Während des Tippens schlägt das Tool auf Basis von Copilot Code-Blöcke oder ganze Funktionsimplementierungen vor.
  • Chat-Funktion: Entwickler können über eine Chatschnittstelle in natürlicher Sprache Fragen zu ihrem Code stellen, um Erklärungen zu erhalten, Änderungen zu erbitten oder Fehler zu beheben.
  • Autonome Agenten: Der "Agent-Modus" ermöglicht es Copilot, komplexe Aufgaben wie das Erstellen einer grundlegenden Web-App oder die Implementierung von Authentifizierungssystemen eigenständig durchzuführen.

Für Redmond ist das ein Doppelsieg: Entweder über direkte Eigentums-/Investorenbeziehungen – oder indirekt über Infrastruktur- und Copilot-Umsätze.


3. Regulatorik: Kein „Merger“ – aber „material influence“

Die britische Wettbewerbsbehörde CMA hat 2025 entschieden, dass die Microsoft/OpenAI-Partnerschaft keinen überprüfungsfähigen Zusammenschluss darstellt. Gleichzeitig spricht die Behörde Microsoft eine „material influence“ zu – also erheblichen Einfluss ohne formale Kontrolle. Für unsere Betrachtung heißt das: juristisch kein Zusammenschluss, ökonomisch aber reale Steuerungs- und Monetarisierungshebel. Die EU prüfte zudem Exklusivitätsklauseln kritisch, ohne ein formales Fusionsverfahren einzuleiten.


4. JetBrains AI Assistant – der souveräne Gegenspieler

Wenn du nicht auf das Microsoft‑Ökosystem setzen musst, ist JetBrains das logische Gegenstück:

  • Tiefe IDE‑Integration: JetBrains AI Assistant sitzt in IntelliJ IDEA, PyCharm, WebStorm – optimiert für Projektstruktur, Refactoring, Dokumentation, Quellcode‑Erklärung.
  • Multi-Modell‑Support: Anders als Microsoft/Copilot‑Gebundene Lösungen unterstützt JetBrains sowohl eigene als auch externe Modelle wie Claude, teils inklusive lokaler oder On‑Prem‑Optionen für mehr Kontrolle.
  • Enterprise‑Einsatz & Datenschutz: JetBrains bietet lokales Hosting, Enterprise‑Pläne, Privatsphäre‑Features – perfekt für streng regulierte Umgebungen. Kein Zentralisierungsrisiko, weniger Abhängigkeit.
  • Reale Developer-Experience: Entwickler auf Reddit berichten begeistert über kommentarmäßige Unterstützung „I frickin love the AI integration… generated commit messages … is just a daily winner for me.“

5. Ein Vergleich beider Welten

Funktion / Aspekt Microsoft‑Stack (VS Code → Cursor/Windsurf + OpenAI/Azure) JetBrains AI Assistant
IDE‑Abhängigkeit VS Code‑zentriert, Microsoft‑Ökosystem zentral JetBrains‑basierte IDEs (IntelliJ, PyCharm etc.)
Infrastruktur & Monetarisierung Azure + API‑Call‑Monetarisierung Flexibel: Cloud, lokal, On‑Prem – weniger Lock‑in
Modell-Integrationen OpenAI‑zentrisch (Copilot, Cursor etc.) Multi-Model: Claude, ggf. OpenAI – aber unabhängig integrierbar
Datenschutz & Souveränität Wenig Optionen für EU‑Daten‑Souveränität Enterprise‑Pläne, Datenschutz‑freundlich
Entwicklerkomfort AI-native Agenten/Inline‑Editing (Cursor), sehr produktiv Tief integrierte Chat‑, Refactoring‑, Dokumentations‑Flows, commit messaging ⬆

6. Warum JetBrains für digitale Souveränität entscheidend sein könnte

Wenn ein einzelnes Unternehmen (Microsoft) gleichzeitig Infrastruktur, Modell‑IP, Entwickler‑Ökosystem und Tools kontrolliert – dann verschiebt sich das Machtgefüge drastisch. Komfortable Defaults sind ein Werkzeug – aber auch ein Netz, das dich hält und langfristig immer mehr fesselt.

JetBrains steht dagegen für:

  1. Infrastruktur‑Diversität – keine einseitige Cloud-Abhängigkeit
  2. IDE‑Alternativen – keine Lock‑in über VS Code
  3. Modell‑Offenheit – freie Wahl des Sprachmodells, auch lokal oder EU-basiert
  4. Kontrolle über Daten & Roadmap – keine versteckten Profit‑Shares, kein externes Gatekeeper‑System

Mit JetBrains behält Europa (und jeder souveräne Nutzer) Preismacht, WHITELABEL‑Optionen und Kontrollrechte – statt nur stille Miete mit langfristigen unattraktiven Preisgleitklauseln zu zahlen.


7. Fazit – Wer das Spielfeld versteht, gewinnt

OpenAI mag die Schlagzeilen dominieren – Microsoft kassiert an mehreren Fronten: als Infrastrukturanbieter, als IP-Nutzer in Copilot, als Eigentümer/Entwickler von VS Code, über Azure-Monetarisierung und via Profit-/Revenue-Share-Mechanismen. Selbst wenn Deals wie Windsurf wanken: Das System favorisiert Redmond, weil die Geld- und Datenströme über Azure und Entwickler-Tools zentralisiert bleiben. Microsofts "Copilot Everywhere"-Strategie unterstreicht dies. Und wir dürfen nicht vergessen, dass jeder einzelne aktuelle Copilot-Service auf IP von OpenAI basiert. In das selbe Bild passen auch die just erfolgten Änderungen und gebrochenen Versprechen bei Github.

FunFact: Das GPT-Modell in GitHub Copilat wurde ja vor ein paar Tagen auf GPT5 aktualisiert. Obwohl GPT-5 auf API-Ebene wesentlich kostengünstiger ist als seine Vorgängermodelle, wird der Zugriff darauf nur in den kostenpflichtigen Copilot-Plänen angeboten.

Für alle, die auf das Microsoft-Ökosystem setzen, wird es durch diese tiefgreifenden Integrationen wieder einmal massiv schwieriger (technologisch und kostenseitig), zu einem anderen Anbieter zu wechseln, Stichwort Vendor Lock-In. Obwohl die KI-Modelle von OpenAI auch von anderen Anbietern wie Google oder Anthropic lizenziert werden könnten, hat Microsoft durch seine frühe und massive Investition einen exklusiven Wettbewerbsvorteil in der Integration und Kommerzialisierung dieser Technologie, an dem Gatekeeper geht hier keine AI-Call vorbei. Dies verstärkt unsere Abhängigkeit von einem durchaus sehr geschickt agierenden US-amerikanischen Tech-Giganten und stellt die digitale Souveränität weiterhin infrage.

Digitale Souveränität ist deshalb kein akademischer Luxus, sondern eine kluge Strategie, ein notwendiges Risikomanagement: Wer seine Entwicklungsumgebung, Modelle und Infrastruktur diversifiziert, behält Preismacht, Wechseloptionen und Compliance-Kontrolle. Oder, weniger höflich: Wer nur auf die bequemsten Defaults setzt, darf sich nicht wundern, wenn die Rechnungen – finanziell wie politisch – künftig anderswo geschrieben werden.

Deswegen ist es auch so wichtig, die Alternativen zu stärken.

JetBrains AI Assistant ist der denkbar beste Nicht‑Microsoft‑Pfeil im Köcher: tief integriert, plattformoffen, steuerbar und ideal für souveräne Developer oder Teams mit Compliance‑Ansprüchen.

Wenn du also JetBrains nutzen kannst: tu’s. Für dein Team, dein Projekt, deine Freiheit.

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